Interviewter des Tages: Juan Guaidó

Er ist der Musterdemokrat, den die deutsche Bundesregierung nach eigenem Bekunden als »Übergangspräsidenten« Venezuelas ansieht und dem Bundesaußenminister Heiko Maas brav die Stange hält. Doch die Regierung von Juan Guaidó ist immer noch vor allem virtuelle Realität. Trotz aller Verführungskünste des smarten Jungputschisten und seiner nordamerikanischen Freunde.

Also muss Guaidó mit den ausländischen Journalisten vorliebnehmen, die bei ihm nach Interviews anstehen. Am Freitag verbreiteten die Agenturen Auszüge aus einem Interview der italienischen La Stampa: »Sollten die USA eine Militärintervention vorschlagen, würde ich dies wahrscheinlich akzeptieren«, sagte Guaidó darin. Im April hatte er gegenüber der argentinischen Clarín noch ein bisschen anders geklungen: »Eine Militärintervention in Venezuela ist ausgeschlossen.« Und weiter: »Wir haben die militärische Option niemals auf den Tisch gelegt.«

Wirklich? Ende März hatte er bei einer Kundgebung gedroht, dass die von ihm geführte Nationalversammlung eine ausländische Intervention autorisieren werde. Und schon Ende Februar hatte er von den hinter ihm stehenden Regierungen einen Interventionsbeschluss gefordert und war kalt abgewatscht worden.

Selbst in den USA ist man inzwischen von diesem Möchtegernpräsidenten genervt. Abgeordnete haben Guaidó darauf hingewiesen, kein ausländischer Staatschef dürfe der US-Armee einen Einsatz erlauben, das sei immer noch die Sache des Kongresses. Und selbst Donald Trump scheint gefrustet zu sein. Zumindest schrieb die Washington Post am Donnerstag, der Staatschef sei sauer auf seinen Sicherheitsberater John Bolton, weil der ihm vorgegaukelt habe, der »sozialistische Kraftprotz« (Washington Post über Maduro) ließe sich ganz leicht durch den »jungen Oppositionellen« (Washington Post über Guaidó) ersetzen.

Erschienen am 11. Mai 2019 in der Tageszeitung junge Welt