Hoffnung nach Jahren

Seit zwölf Jahren befindet sich der mittlerweile 31 Jahre alte Pablo Emilio Moncayo in der Gewalt der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), der ältesten und größten Guerillaorganisation des südamerikanischen Landes. 1997 war der Unteroffizier einer Kommunikationseinheit der kolumbianischen Armee bei Gefechten der Guerilla in die Hände gefallen. Keine andere Geisel der Rebellen befindet sich länger in Gefangenschaft.

Am längsten gefangen

Nun aber könnte Moncayos Rückkehr nach Hause bevorstehen. Bereits im April hatten die FARC in einem Kommuniqué angekündigt, den Soldaten zusammen mit einem weiteren Gefangenen freilassen zu wollen, ohne dafür auf eine Gegenleistung der Regierung in Bogotá zu bestehen. Sie forderten lediglich, daß die liberale Senatorin Piedad Córdoba als Vertreterin der Gruppe »Kolumbianerinnen und Kolumbianer für den Frieden« bei der Übergabe der Gefangenen anwesend sein müsse. Außerdem solle die Regierung die für eine ungefährdete Freilassung »notwendigen Garantien« abgeben. Damit ist vor allem ein zeitweiliger Verzicht auf Militäroperationen in dem für die Übergabe vorgesehenen Gebiet gemeint, denn immer wieder geraten auch Geiseln der Guerilla in Lebensgefahr, wenn sie bei Angriffen des Militärs auf Kolonnen der FARC zwischen die Fronten geraten. So kamen 2007 elf von der Guerilla entführte Abgeordnete bei einem Angriff der Regierungstruppen auf ein Rebellencamp ums Leben.

In einer der Regierung übergebenen Liste haben die FARC 23 gefangene Soldaten und Polizisten aufgelistet, die sie gegen rund 500 in kolumbianischen Gefängnissen inhaftierte Guerilleros austauschen wollen. Die ohnehin nie große Bereitschaft der Regierung in Bogotá zu einem solchen humanitären Gefangenenaustausch ist jedoch deutlich zurückgegangen, seit es ihr im vergangenen Jahr bei einer großangelegten Operation gelungen war, mit der früheren Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt die bekannteste Gefangene der Guerilla zu befreien. Präsident Álvaro Uribe, der ein strikter Verfechter militärischer Operationen zur Befreiung der Geiseln und zur Zerschlagung der Guerilla ist, möchte vor allem verhindern, daß die FARC und politische Gegner im In- und Ausland wie Piedad Córdoba oder Venezuelas Präsident Hugo Chávez aus einer erfolgreichen Vermittlung politischen Nutzen ziehen können. So verweigerte er über Wochen seine Zustimmung zur Vermittlungstätigkeit Córdobas und verzögerte dadurch die angestrebte Freilassung von Pablo Emilio Moncayo.

Vermittlung gefordert

Dessen Vater, Gustavo Moncayo, warf Uribe vor, durch seine Haltung »die Türen zu schließen und Pablo Emilio die Freiheit (zu) verweigern«. Der 57 Jahre alte Lehrer aus der im Südwesten Kolumbiens gelegenen Ortschaft Sandoná war 2006 international bekanntgeworden, als er von seiner Heimat aus zu Fuß in anderthalb Monaten die mehr als 1200 Kilometer bis in die Hauptstadt Bogotá zurücklegte, um dort von der Regierung Unterstützung für die Freilassung seines Sohnes und einen humanitären Austausch einzufordern. Als ständig sichtbares Symbol für das Leiden seines Sohnes und der anderen Gefangenen ließ sich Moncayo Ketten anlegen, die er erst nach der Freilassung von Pablo Emilio ablegen will. Die trug er auch, als er 2007 nach Europa reiste und um politische Unterstützung für eine humanitäre Lösung warb. »Die Gefangenen der Guerilla gewaltsam zu befreien, käme einem Todesurteil für sie gleich«, warnte er schon damals im Gespräch mit jW. Deshalb müsse es eine politische Lösung durch Verhandlungen geben: »Wir sind es leid zu sehen, wie Menschen in diesem Krieg sterben.«

Erschienen am 30. Oktober 2009 in der Tageszeitung junge Welt