Habana sí!

Nach 47 Jahren haben die Außenminister der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) am Mittwoch in San Pedro de Sula (Honduras) den Ausschluß Kubas aus dem Bund aufgehoben. In der per Akklamation angenommenen Erklärung heißt es, der 1962 verabschiedete Ausschluß der kubanischen Regierung sei »unwirksam«. Der Beschluß enthält auch die Formulierung, daß vor einer aktiven Beteiligung der kubanischen Regierung in der OAS ein »auf Antrag der Regierung von Kuba begonnener Dialogprozeß in Übereinstimmung mit den Praktiken, den Zielen und Prinzipien der OAS« stehen solle. Damit wird vermieden, daß die kubanische Regierung vor das Dilemma gestellt werden würde, nun ihrerseits den Austritt aus der OAS erklären zu müssen, denn Havanna hat auch nach der Entscheidung noch einmal deutlich gemacht, daß es kein Interesse an einer Rückkehr in die Organisation habe. Trotzdem würdigte die kubanische Regierung die Aufhebung der Entscheidung von 1962 als »historisch« und hob hervor, daß der in Honduras beschlossene Text auf eine Initiative der Mitgliedsstaaten der Bolivarischen Alternative für die Völker Unseres Amerika (ALBA) zurückgehe. »Kuba konnte und will nicht in die OAS zurückkehren, die eine Institution voll finsterer Geschichte der Unterwerfung ist, aber es erkennt den politischen Wert, die Symbolik und die Rebellion an, die diese von den Volksregierungen Lateinamerikas durchgesetzte Entscheidung beinhaltet«, heißt es in einer von TeleSur verbreiteten Erklärung Havannas.

Bis zuletzt hatte US-Außenministerin Hillary Clinton offenbar versucht, Bedingungen für eine Aufhebung des Ausschlusses von Kuba durchzusetzen. Letztlich konnte Washington sein Ziel nicht erreichen, die Aufhebung der Resolution von 1962 erfolgte im Plenum und bedingungslos.

Zuvor hatte offenbar ganz konkret eine Spaltung der OAS im Raum gestanden. »Wir mußten sehr harte Positionen einnehmen, um diese Resolution zu erreichen«, sagte Venezuelas Präsident Hugo Chávez: »Wir haben gestern gesagt: Wenn das Thema nicht diskutiert wird, oder wir nicht zu der vorgeschlagenen Lösung kommen, dann steht Venezuela auf und geht. Und ich glaube, wir würden nicht die einzigen sein, auch wenn ich nicht für die anderen Länder sprechen kann.« Zum Glück habe Washington jedoch seine Haltung aufgeben müssen, so daß ein Konsens möglich wurde, freute sich der venezolanische Präsident: »Das ist ein Ergebnis der veränderten politischen Landkarte des Kontinents. Wir sind keine Kolonien, kein Hinterhof der USA mehr.«

Ecuadors Außenminister Fander Falconí nannte die Aufhebung des Ausschlusses einen »historischen Sieg Kubas, der Länder Lateinamerikas und der Karibik sowie der ALBA-Länder«. »Kuba hat bilaterale Beziehungen mit allen Ländern Lateinamerikas, und seine beispielhafte Revolution war für eine Generation von Lateinamerikanern ein Leuchtfeuer«, betonte Falconí. Gemeinsam mit den ALBA-Mitgliedsstaaten hatten auch Ecuador und Paraguay den entsprechenden Antrag an die OAS-Generalversammlung gestellt.

Beflügelt von diesem Erfolg will Ecuador nun offenbar Vollmitglied der ALBA werden, an deren Gipfeltreffen das Land bereits regelmäßig als »Beobachter« teilgenommen hatte. Wie Hugo Chávez erklärte, habe Ecuadors Präsident Rafael Correa ihm seine Entscheidung mitgeteilt, Mitglied der Bolivarischen Alternative zu werden. Um den Beitritt offiziell zu vollziehen, soll vermutlich am 24. Juni im venezolanischen Valencia ein außerordentliches Gipfeltreffen der ALBA-Staaten stattfinden. An diesem Tag begeht Venezuela den Jahrestag der Schlacht von Carabobo 1821, dem entscheidenden Sieg der Befreiungsarmee Simón Bolívars über die spanischen Kolonialtruppen. »Nach der Parade machen wir dann das Gipfeltreffen der Präsidenten. Wir haben noch nicht die Bestätigung aller Länder, aber ich glaube, es wird kein Problem geben«, sagte Chávez am Rande einer Tagung seines Regierungskabinetts.

ALBA war im Dezember 2004 zunächst nur von Kuba und Venezuela als Gegenmodell zur damals von den USA betriebenen Amerikanischen Freihandelszone (ALCA) gegründet worden. In den folgenden Jahren traten Bolivien, Nicaragua, Honduras und Dominica dem Bündnis bei.

Erschienen am 5. Juni 2009 in der Tageszeitung junge Welt