Generalstreik in Kolumbien

Bogota. Mehr als eine halbe Million Beschäftigte folgten am Donnerstag in Kolumbien dem Aufruf zahlreicher Gewerkschaften zu einem 24stündigen Generalstreik. Die Menschen hätten sich »demokratisch, friedlich und organisiert« in zahlreichen Städten zu Kundgebungen und Demonstrationen versammelt, berichtet der größte Gewerkschaftsbund des Landes, CUT. Im Rahmen des Streiktages setzten auch Indígenas und Landarbeiter ihre Protestaktionen fort. Allein auf der Plaza Bolívar im Zentrum der Hauptstadt Bogotá versammelten sich 50000 Demonstranten, um gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Regierung zu protestieren und ihre Solidarität mit den seit Wochen demonstrierenden Indígenas und Zuckerrohrschneidern zu bekunden. In Medellin solidarisierten sich Studierende der dortigen Universität.

Während die Streiks in mehr als zwanzig Städten völlig ohne Zwischenfälle verliefen, wie CUT-Chef Tarsicio Mora betonte, wurde der Ausstand in Bogotá durch eine Serie von sechs Sprengstoffexplosionen überschattet, die in verschiedenen Teilen der Stadt 16 Verletzte forderten. Die Gewerkschaften distanzierten sich umgehend: »Wir verurteilen die Gewalt, egal, von wem sie ausgeht. Uns macht Sorge, daß mit solchen Terroranschlägen versucht wird, den gesellschaftlichen Protest und die friedlichen Demonstrationen zu beschmutzen.« Zu den Verletzten gehören einer Meldung des Nachrichtensenders TeleSur zufolge auch Streikende, unter ihnen der Chef der kolumbianischen Erziehergewerkschaft William Agudelo.

Die seit fast zwei Wochen protestierenden Indígenas haben ihren Protestmarsch nach Cali mit etwa 20000 Teilnehmern unterdessen fortgesetzt. Unter wachsendem Druck hatte Präsident Alvaro Uribe am Mittwoch angekündigt, sich am Sonntag in Cali mit Vertretern der protestierenden Indígenas treffen zu wollen. Wie der private Fernsehsender Caracol meldet, hat Uribe mit einem der Anführer der Proteste, Daniel Piñacue, telefoniert und die Zusammenkunft verabredet. Sprecher der indigenen Organisationen bestätigten das Treffen, dessen genauer Ort in Cali noch festgelegt werde.

Erschienen am 25. Oktober 2008 in der Tageszeitung junge Welt