Geldwäscher

Gut ein Jahr nach dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten Fernando Lugo kehrt Paraguay heute formell zu demokratischen Verhältnissen zurück. Horacio Cartes, der die Wahlen im April gewonnen hatte, tritt am heutigen Donnerstag das Präsidentenamt an. Er löst Paraguays De-facto-Staatschef Federico Franco ab, der die Regierung nach dem institutionellen Putsch gegen Lugo übernommen hatte.

 

Der frühere Bischof Fernando Lugo war 2008 als Kandidat eines breiten Bündnisses linker, zentristischer und liberaler Parteien zum neuen Präsidenten Paraguays gewählt worden und hatte damit die mehr als 60 Jahre dauernde Herrschaft der rechten Colorado-Partei beendet. Doch die Hoffnung auf einen Wandel in der paraguayischen Politik erfüllte sich nicht, denn Lugo verfügte im Parlament über keine eigene Mehrheit und war auf die Unterstützung der Liberalen Partei (PLRA) angewiesen, deren Chef Federico Franco Vizepräsident wurde. Die PLRA verhinderte fortschrittliche Reformen, wie sie von den linken Bündnispartnern Lugos gefordert wurden. Am 21. Juni 2012 kündigten die Liberalen schließlich an, einen von der rechten Opposition angestrengten »politischen Prozeß« gegen Lugo zu unterstützen und rief ihre Minister aus dem Kabinett ab.

Anlaß für die Amtsenthebung des Präsidenten war die gewaltsame Beendigung einer Landbesetzung in Curuguaty am 15. Juni 2012 durch die Polizei. Dabei wurden 17 Menschen getötet: elf landlose Bauern, die mit der Okkupation für eine Bodenreform demonstriert hatten, und sechs Polizisten. Bis heute sind die Vorgänge im Nordosten Paraguays nicht umfassend aufgeklärt worden, aber der Mehrheit des Parlaments in Asunción reichten die Ereignisse, um das Verfahren gegen Lugo anzustrengen und in wenigen Stunden durchzupeitschen. Zeit, seine Verteidigung vorzubereiten, wurde dem Präsidenten praktisch nicht eingeräumt. Am 22. Juni 2012 wurde Lugo von dem sich als Gericht konstituierten Senat mit 39 gegen vier Stimmen »schuldig« gesprochen und abgesetzt, sein Vize Franco übernahm den Posten.

Auf dem Kontinent wurden die Vorgänge in Paraguay als »institutioneller Putsch« verurteilt. Die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) und der Gemeinsame Markt des Südens (MERCOSUR) suspendierten die Mitgliedschaft Asuncións. Demonstrative Unterstützung bekamen die Putschisten hingegen aus Deutschland. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) sah keinen Grund, seinen schon länger geplanten Besuch in Paraguay abzusagen und ließ sich nur einen Tag nach dem Staatsstreich beim Händeschütteln mit Franco ablichten.

Der neue Präsident ist eine schillernde Persönlichkeit. Gegen den Großgrundbesitzer, einstigen Fußballfunktionär und Inhaber von Banken, Tabak- und Getränkeunternehmen ermittelte zwischenzeitlich die US-Drogenfahndung DEA wegen des Verdachts auf Geldwäsche. Wie aus von der Internetplattform Wikileaks veröffentlichten Dokumenten der US-Botschaft in Asunción hervorgeht, soll Cartes demnach sein Bankhaus Amambay genutzt haben, um die Herkunft von Drogengeldern zu verschleiern. Offenbar existierte in den USA sogar eine spezielle Arbeitsgruppe der DEA zur Bekämpfung eines von Cartes geführten Kartells im Dreiländereck zwischen Paraguay, Brasilien und Argentinien. Was aus den Ermittlungen wurde, ist nicht bekannt. In Washington sieht man jedoch offenbar keine Hindernisse für gute Beziehungen mit dem neuen Staatschef. Man wolle »nach vorne schauen«, wehrte der Sprecher des State Department, Patrick Ventrell, entsprechende Nachfragen von Journalisten ab.

Auch in Südamerika will man nach vorne blicken. Am vergangenen Wochenende hob die UNASUR mit Wirkung vom 15. August die Suspendierung von Paraguay auf. Auch der MERCOSUR ist zu einer Wiederaufnahme des Landes bereit, hier jedoch stellt sich Cartes quer. Man sei nicht bereit, in den Gemeinsamen Markt zurückzukehren, solange Venezuela dessen Präsidentschaft ausübe. Demonstrativ ist der venezolanische Präsident Nicolás Maduro auch nicht zur Amtseinführung von Cartes in Asunción eingeladen worden. Die Regierung ist beleidigt, weil die anderen Mitglieder die Suspendierung Paraguays genutzt hatten, um nach jahrelanger Blockade durch das Parlament in Asunción den Beitritt Venezuelas zu ratifizieren. Turnusgemäß hatte Caracas Ende Juni auch für ein halbes Jahr den Vorsitz des MERCOSUR übernommen. Dieser habe aber Paraguay zugestanden, wetterte Cartes.

Erschienen am 15. August 2013 in der Tageszeitung junge Welt