Gefährliches Kerlchen

Hernando Calvo Ospina ist ein lustiges Kerlchen, das gerne lacht und viel redet. Doch für die USA ist der 1961 in Cali geborene Kolumbianer, der heute in Frankreich lebt, ein gefährlicher Terrorist. Weil er die Sicherheit der Vereinigten Staaten gefährde, verweigerte Washington 2009 einem Flugzeug der Air France den Weg durch den US-Luftraum. Die Maschine war von Paris aus auf dem Weg nach Mexiko, und zu seinen Passagieren gehörte Calvo. In Frankreich wurde dieser Affront der US-Behörden mit Unverständnis aufgenommen. Doch zugleich verweigert ihm die Regierung in Paris seine Einbürgerung, obwohl er als Ehemann einer Französin Anspruch darauf hätte. Doch Hernando Calvo stehe der kubanischen Botschaft in Paris zu nahe, heißt es zur Begründung – »Kein Wunder, ich bin stellvertretender Vorsitzender der französisch-kubanischen Freundschaftsgesellschaft«, kommentiert er diesen Vorwurf. Außerdem habe er Kontakte zur kolumbianischen Guerilla.

 

Die hat er tatsächlich, denn er ist Journalist. Immer wieder berichtet er vor allem für die französische Le Monde diplomatique, aber auch für junge Welt, über den Bürgerkrieg in seiner Heimat und über die in Havanna laufenden Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Regierung und der FARC-Guerilla. Ihm deshalb die Staatsbürgerschaft zu verweigern, ist ein Skandal, der wohl vor den französischen Gerichten geklärt werden wird.

Am Dienstag abend stellte Calvo in der jW-Ladengalerie in Berlin seine gerade im Zambon-Verlag in deutscher Sprache erschienene Autobiographie »Sei still und atme tief« vor. Sie beschreibt seinen Überlebenskampf, nachdem er 1985 vom kolumbianischen und ecuadorianischen Militärgeheimdienst verschleppt und gefoltert wurde. Trotz des harten Themas ist das 220 Seiten starke und hervorragend übersetzte Buch voller humorvoller Anekdoten und Geschichten aus dem ecuadorianischen Gefängnis. Auch bei der Lesung am Dienstag sorgte er bei den Zuhörern immer wieder für Lacher, wenn er in seiner ihm eigenen Art erzählte, wie im Gefängnis wohlhabende Neuankömmlinge ausgenommen wurden oder wie er versucht habe, sich durch das »Kapital« von Karl Marx zu kämpfen und nach fünf Seiten aufgab.

Hernando Calvo Ospina: Sei still und atme tief. Aus dem Spanischen von Renate und Ulrich Fausten, Zambon, Frankfurt am Main 2013, 220 Seiten, 12 Euro

Erschienen am 13. März 2014 in der Tageszeitung junge Welt