Flattermann des Tages: Pedro Sánchez

Wenn sich Sozialdemokraten aus dem Fenster lehnen, kann es passieren, dass sie einen Luftzug spüren. Und ob des Gegenwinds machen sie dann lieber schnell einen Rückzieher. Ein neues Beispiel dafür liefert derzeit Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez. Nachdem er in den vergangenen Monaten laut verkündet hatte, die gruselige Kultstätte für den 1975 verstorbenen Diktator Francisco Franco im »Tal der Gefallenen« zu einem Museum der Erinnerung an die Opfer der faschistischen Herrschaft machen zu wollen, hat er es sich nun anders überlegt.

Ja, Francos Kadaver soll immer noch aus seinem Ehrengrab geholt und irgendwo anders verbuddelt werden, das schon. Aber ansonsten will der Herr Ministerpräsident das Tal so lassen, wie es ist. Man werde die Kultstätte unweit der Hauptstadt Madrid, die in den 40er Jahren von Zwangsarbeitern errichtet werden musste, zu einem »zivilen Friedhof« für die Opfer des Bürgerkrieges machen. Ausdrücklich bekräftigt Sánchez, dass dann sogar der Putschist und Gründer der faschistischen Falange, José Antonio Primo de Rivera, dort begraben bleiben könne. Schließlich wurde dieser 1936 wegen seiner Beteiligung am Staatsstreich der Generäle zum Tode verurteilt und hingerichtet – ein Opfer des Krieges also. Und das gigantische Kreuz, das über dem Tal thront, will Sánchez ebenfalls stehenlassen, ganz im Zeichen der Versöhnung.

Doch nun geht es Sánchez so, wie es Sozialdemokraten schon immer ging, wenn sie es allen recht machen wollten: Keiner mag ihn mehr. Von den Rechten wird er angefeindet, weil er immer noch Franco exhumieren lassen will. Und die Linken kritisieren ihn, weil er er die Verherrlichung der Diktatur immer noch nicht beenden will. Das sei so ungerecht, jammerte Sánchez am Wochenende Journalisten vor, die ihn auf dem Rückflug von einer Lateinamerikareise nach Madrid begleiteten. Ganz gemein!

Erschienen am 3. September 2018 in der Tageszeitung junge Welt