Ein Marxist namens Che

In der kubanischen Zeitschrift Verde Olivo erschien am 8. Oktober 1960 ein Artikel des Comandante Ernesto Che Guevara (1928–1967). Erst ein halbes Jahr später, im April 1961, proklamierte Fidel Castro (1926–2016) den sozialistischen Charakter der Kubanischen Revolution, doch Che machte keinen Hehl daraus, wo die führenden »Barbudos«, wie die Kämpfer der »Bewegung des 26. Juli« wegen ihrer Bärte genannt wurden, ideologisch standen. »Wenn man uns fragt, ob wir Marxisten sind oder nicht, dann ist das so, als würde man einen Physiker fragen, ob er ’Newtonianer’ ist, oder einen Biologen, ob ’Pasteurianer’.« Es gebe Wahrheiten, die in das Bewusstsein der Völker so tief eingedrungen seien, dass es sinnlos sei, sie noch einmal diskutieren zu wollen. Wenn die Wissenschaft einmal eine neue Stufe erklommen habe, könne dem Forscher seinen Durchbruch niemand mehr nehmen, auch nicht, wenn spätere Ergebnisse der Wissenschaft über seine Erkenntnisse hinausgehen.

Das gelte auch für Marx. So könnten die Lateinamerikaner »nicht einverstanden sein mit seiner Interpretation Bolívars oder mit der Analyse, die Engels und er über die Mexikaner vorgenommen haben, in der sie sogar bestimmte, heute nicht akzeptable Rassen- oder Nationalitätentheorien als gegeben hinnahmen«. Marx habe jedoch die Geschichte interpretiert, ihre Dynamik verstanden und in die Zukunft geschaut. Damit wäre seine wissenschaftliche Pflicht beendet gewesen, so Che weiter, doch Marx habe für einen qualitativen Sprung in den Sozialwissenschaften gesorgt, als er gestützt auf diese Erkenntnisse ein revolutionäres Konzept formuliert habe. Es komme nicht nur darauf an, die Natur zu interpretieren, sondern sie zu verändern, paraphrasierte Che Marx’ elfte Feuerbach-These.

Marx und Südamerika

Mit genauerer Kenntnis der marxistischen Theorie hätten die kubanischen Revolutionäre viele ihrer zu Beginn des Guerilla­kampfes gegen die Batista-Diktatur gemachten Fehler vermeiden können, räumte Che in dem Artikel ein. Zugleich stellt er aber fest, dass sie letztlich lediglich die vom Wissenschaftler Marx beschriebenen Entwicklungsgesetze erfüllt hätten: »Die Gesetze des Marxismus sind präsent in den Ereignissen der Kubanischen Revolution, unabhängig davon, ob sich ihre Anführer zu ihnen bekennen oder sie diese Gesetze aus theoretischer Sicht genau kennen.«

Marx und Engels haben es den progressiven Kräften in Lateinamerika allerdings auch nicht leicht gemacht, wie Che in seinem Artikel andeutete. So hatte Marx für den bis heute als Befreier Südamerikas von der spanischen Kolonialherrschaft verehrten Simón Bolívar (1783–1830) wenig übrig. In einem Brief an Friedrich Engels (1820–1895) vom 14. Februar 1858 bezeichnete er Bolívar als »den feigsten, gemeinsten, elendesten Lump« (Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, Band 29, Seite 280). Auslöser für das Schreiben waren Einwände, die der US-amerikanische Verleger Charles Dana (1819–1897) gegen Marx’ Artikel über »Bolivar y Ponte« in der »New American Cyclopaedia« erhoben hatte. Darin heißt es etwa über Bolívar: »Aber wie die meisten seiner Landsleute war er jeder länger währenden Anstrengung abgeneigt, und seine Diktatur artete bald in eine Militäranarchie aus…« (MEW, Band 14, Seite 219). Und die Annexion weiter Teile Mexikos durch die USA fand in Marx und Engels ebenfalls Fürsprecher. So schrieb Engels am 15. Februar 1849 in der Neuen Rheinischen Zeitung: »Ist es etwa ein Unglück, dass das wundervolle Kalifornien den faulen Mexikanern entrissen wurde, die nichts damit anzufangen wussten?« (MEW, Band 6, Seite 273).

Eine Reihe der Anfang des 20. Jahrhunderts in Lateinamerika entstehenden sozia­listischen und kommunistischen Parteien folgerte aus solchen Passagen, dass zum Beispiel Bolívar für sie kein Bezugspunkt sein könne. Der argentinische kommunistische Soziologe Aníbal Ponce (1898–1938), der 1936 in der Zeitschrift Dialéctica eine der ersten Biographien in spanischer Sprache von Karl Marx veröffentlicht hatte, warf dem »Befreier« eine »Geringschätzung der Volksmassen« und »aristokratischen Despotismus« vor.

Mariáteguis Position

Zugleich jedoch befreiten sich wichtige marxistische Führungspersönlichkeiten Lateinamerikas von einem solchen dogmatischen Verständnis. So forderte der Mitbegründer der Sozialistischen Partei Perus, José Carlos Mariátegui (1894–1930), »die revolutionäre Aktualität des Genies Bolívar« aufzugreifen.

Mariátegui gilt als einer der ersten, die den Marxismus auf die Realität des amerikanischen Kontinents übertrugen. So analysierte er, dass in Lateinamerika die indigene Bevölkerung das eigentliche, authentische Proletariat sei und wies Ansätze zurück, die Diskriminierung dieser Menschen als moralische, ethnologische oder bildungspolitische Frage diskutieren zu wollen. Zu einer offenen Kontroverse kam es 1928 zwischen den peruanischen Marxisten – neben Mariátegui vor allem Hugo Pesce (1900–1969) – und den aus Europa angereisten Vertretern der Kommunistischen Internationale zu der Frage, in welcher geschichtlichen Epoche sich Lateinamerika befinde. Während die dominierende Linie der kommunistischen Bewegung zu dieser Zeit – und bis in die 1950er Jahre hinein – war, dass in der Region ein vom Imperialismus gestützter Feudalismus vorherrsche und deshalb zunächst eine bürgerlich-demokratische, im Bündnis mit antiimperialistischen Teilen der nationalen Bourgeoisie durchgeführte Revolution auf der Tagesordnung stehe, ging Mariátegui davon aus, dass der Umbruch bereits sozialistischen Charakter tragen werde.

Che griff diese Position Mariáteguis nach dem Sieg der Revolution in Kuba auf. 1963 stellte er in seiner Schrift »Die marxistisch-leninistische Partei« fest, dass der Aufbau des Sozialismus mit einer Partei der Bourgeoisie nicht einmal begonnen werden könne. Eine solche Gruppierung könne nur in der Phase des Kampfes um die nationale Befreiung »unter bestimmten Bedingungen und bis zu einem gewissen Grad« den revolutionären Kampf führen, doch schon im nächsten Augenblick werde sie sich in eine reaktionäre Kraft verwandeln. In Lateinamerika sei aber bereits diese zeitweilig progressive Rolle der Bourgeoisie praktisch unmöglich: »Vor die Wahl gestellt zwischen Volk und Imperialismus, wählen die schwachen nationalen Bourgeoisien den Imperialismus und verraten endgültig ihr Land.« Dadurch werde »in diesem Teil der Welt« die Möglichkeit eines friedlichen Übergangs zum Sozialismus »fast vollkommen unmöglich«.

Hinwendung zum Marxismus

Che kannte die Schriften Mariáteguis, sie standen schon in seinem Elternhaus. In jungen Jahren, als er sehr oft wegen seiner Asthmaerkrankung ans Bett gefesselt war, las er alles, was ihm in die Finger kam. Das umfassende Wissen des jungen Ernesto spiegelt sich in dem »Philosophischen Wörterbuch« wider, das er im Alter von 17 Jahren zu verfassen begann. In insgesamt sechs Schulschreibblöcken – von denen fünf mit zusammen 1.256 Seiten erhalten geblieben sind, die heute im Centro de Estudios Che Guevara in Havanna aufbewahrt werden – notierte er sich über Jahre hinweg Stichworte, ihm wichtig erscheinende Aussagen und biographische Daten über die von ihm gelesenen Autoren. Die Hefte begleiteten ihn sogar auf seiner dritten großen Reise, die ihn ab Juli 1953 über Bolivien und Guatemala nach Mexiko führte. Während seines Aufenthalts in Mexiko 1954 bis 1956 machte er sich daran, eine Zusammenfassung der sechs vorherigen Bände in einem siebten anzufertigen.

Aus den Aufzeichnungen lässt sich die allmähliche Hinwendung Guevaras zum Marxismus ablesen, wie etwa die kubanische Sozialwissenschaftlerin Marta Pérez-Rolo 2001 in einem Vortrag in Washington herausarbeitete. Obwohl Ernesto zunächst ideologisch nicht festgelegt war, ergriff der junge Mann schon früh Partei für die Sowjetunion, die nicht nur Kommunisten zu diesem Zeitpunkt – unter der Führung der Roten Armee war in Europa gerade der Faschismus zerschlagen worden – als echte Alternative zum gescheiterten System des Kapitalismus galt.

Damals entstand wohl auch die Hochachtung, die der spätere Che Zeit seines Lebens Stalin entgegenbrachte. Es ist oft versucht worden, seine Position als jugendliche Provokation seiner kleinbürgerlichen Verwandten zu relativieren. An dieser These mag im Fall des vielzitierten Briefs etwas dran gewesen sein, den er am 10. Dezember 1953, wenige Monate nach dem Tod Stalins, aus Costa Rica an seine Tante Beatriz Guevara Lynch schrieb. Nachdem er dort die Gelegenheit gehabt habe, die Ländereien der United Fruit Company zu sehen und sich von der brutalen Ausbeutung durch den Konzern zu überzeugen, habe er »vor einem Bild des alten und betrauerten Genossen Stalin geschworen, nicht zu ruhen, bis ich die Vernichtung dieser kapitalistischen Kraken erlebt habe«.

Der positive Bezug auf Stalin findet sich bei Che Guevara aber auch noch nach dem Sieg der Revolution in Kuba, als der »Generalissimus« in der Sowjetunion schon in Ungnade gefallen war. Bei seinem ersten Besuch in Moskau 1960 sorgte Che für Unmut bei seinen Gastgebern, als er darauf bestand, einen Kranz an Stalins Grab an der Kremlmauer niederzulegen. Noch 1965 bemängelte er in seinen erst 2006 veröffentlichten »Kritischen Anmerkungen zur Politischen Ökonomie« zwar einen »unerbittlichen Dogmatismus« unter Stalin, doch dieser erschien ihm offenkundig reizvoller als der »inkonsistente Pragmatismus«, der darauf folgte. Er sei schließlich »durch Väterchen Stalin« zum Kommunismus gekommen.

Wendepunkt Guatemala

Letzteres dürfte nur bedingt richtig sein. Eher waren es seine ausgedehnten Reisen durch den Kontinent, die dem jungen Ernesto Guevara die Augen für die sozialen Realitäten und öffneten und die Verbindung zwischen dem angelesenen Wissen und seinem Gerechtigkeitssinn herstellten. In seinen Tagebucheinträgen zeigt sich immer wieder, wie Ernesto die Kluft realisiert, die zwischen seinen bisherigen Lebenserfahrungen und der Realität vieler seiner Landsleute bestand. In einer Ansprache vor Medizinerkollegen sagte er in Kuba: »Ich träumte davon, ein berühmter Forscher zu werden; unermüdlich zu arbeiten, um etwas zu erreichen, das man der Menschheit zur Verfügung stellen könnte, aber zu dieser Zeit ging es um einen persönlichen Triumph.« Dann jedoch sei er auf seinen Reisen »in engen Kontakt mit dem Elend, mit dem Hunger, den Krankheiten« gekommen. Die Vorstellung, ein berühmter Wissenschaftler zu werden, sei hinter das Ziel zurückgetreten, diesen Menschen zu helfen.

Zum Wendepunkt wurde Guatemala. Auf seiner dritten Reise – nach der Tour durch Argentinien 1950 hatte er 1951/52 zusammen mit seinem Freund Alberto Granado (1922–2011) eine berühmt gewordene Motorradreise durch Südamerika unternommen – ließ er sich 1953 von Freunden überreden, mit ihnen nach Guatemala zu gehen. Dort erlebte er den vom Präsidenten Jacobo Árbenz (1913–1971) initiierten Reformprozess, in dessen Verlauf auch die Hand an die Ländereien der mächtigen United Fruit Company gelegt wurde. »Dies ist ein Land, in dem man sich die Lungen mit Demokratie füllen kann«, schrieb Ernesto nach seiner Ankunft an Beatriz.

Zur Türöffnerin, die Ernesto den Zugang zu Persönlichkeiten Guatemalas ermöglichte, wurde die junge Peruanerin Hilda Gadea (1925–1974), die aus ihrer Heimat hatte fliehen müssen und Zuflucht in Guatemala fand. Durch sie lernte Ernesto Funktionäre der progressiven Regierung kennen und knüpfte auch Kontakte zu Mitgliedern des Jugendverbandes der Guatemaltekischen Partei der Arbeit (PGT), der kommunistischen Partei des Landes. Mitglied der Partei wurde er jedoch nicht.

Edelberto Torres (geb. 1930), ein vor der Somoza-Diktatur aus Nicaragua geflohener Soziologe, erklärte später, dass Che in Guatemala noch kein Marxist gewesen sei. Er vermutete, dass die Beziehung zu dem US-amerikanischen Marxisten Harold White (gestorben 1968) den Ausschlag gegeben habe, dass sich Che ideologisch entschied. White hatte Ernesto gebeten, ein von ihm verfasstes Buch über den Marxismus ins Spanische zu übersetzen. Viel kann an der marxistischen Orientierung Che Guevaras zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht mehr gefehlt haben – und Fidel Castro erklärte später, dass Che bereits ein überzeugter Marxist-Leninist gewesen sei, als sie sich in Mexiko auf die Überfahrt nach Kuba vorbereiteten.

CIA-Putsch gegen Árbenz

Doch zwischen den langen Diskussionen, die Ernesto mit White führte, und seiner Flucht nach Mexiko lagen einschneidende Ereignisse: Die United Fruit Company hatte in Washington die Propagandatrommel gerührt und das Gespenst einer »kommunistischen Revolution« in Guatemala beschworen. In Honduras formierte die CIA eine konterrevolutionäre Söldnertruppe, die am 18. Juni 1954 in Guatemala eindrang. Um einen Bürgerkrieg zu verhindern, verkündete Árbenz nach einem Ultimatum durch die Militärführung am 27. Juni seinen Rücktritt. Guatemala wurde von einer blutigen Welle der Repression überzogen.

Der Sturz von Árbenz, der keine sozialistische Revolution, sondern lediglich eine kapitalistische Modernisierung angestrebt hatte, machte in Lateinamerika klar, dass es die USA nicht zulassen würden, wenn die traditionellen Macht- und Eigentumsverhältnisse – und mit ihnen der Einfluss Washingtons in der Region – in Frage gestellt würden.

Ernesto erlebte die Söldnerinvasion aus unmittelbarer Nähe mit. Er analysierte die Erfahrungen gründlich und kam in seinem 1954 verfassten Artikel »Das Dilemma Guatemalas« zu der Schlussfolgerung, dass nur ein radikales, entschlossenes Vorgehen der Revolutionäre den Erfolg bringen kann: »Der Preis, den die demokratischen Gruppen dieser Länder für das Kennenlernen der Unterdrückungstechniken zahlen mussten, war hoch«, erinnerte er im Zusammenhang mit Guatemala auch an frühere abgewürgte Reformversuche in Peru, Venezuela und Kuba. »Unmengen unschuldiger Opfer sind gebracht worden, um eine für die Interessen der Feudalbourgeoisie und des ausländischen Kapitals notwendige Ordnung zu erhalten, und die Patrioten wissen nun, dass der Sieg mit Blut und Feuer errungen werden wird, und dass es keine Gnade für die Verräter geben darf. Die vollständige Ausmerzung der reaktionären Gruppen ist das einzige, was das Reich der Gerechtigkeit in Amerika sichern kann.«

»Guatemalas bitterste Stunde«, wie er den konterrevolutionären Umsturz in seinen Tagebuchnotizen nannte, wurde zu der Lehre, die Jahre später den Sieg der Revolution in Kuba und ihre Verteidigung ermöglichte. »Die Ironie der Geschichte besteht genau darin: Mit seiner Invasion 1954 in Guatemala hat Washington selbst den Grundstein dafür gelegt, dass die kubanischen Revolutionäre, die daraus gelernt hatten, sieben Jahre später, als die CIA ihren Coup mit der Invasion in der Schweinebucht wiederholen wollte, diese Feuertaufe erfolgreich bestanden«, schrieb Peter Gärtner in einem im März im Onlineportal Quetzal veröffentlichten Aufsatz.

Kein Schematismus

Der Marxismus des Che Guevara speiste sich also aus vielen Quellen: Er war Autodidakt, verfügte bereits vor dem Sieg der Revolution in Kuba über umfassende Kenntnisse marxistischer Literatur und stützte sich auch in seiner Zeit an der Spitze der kubanischen Nationalbank und des Industrieministeriums auf die Schriften (nicht nur) von Marx, Engels und Lenin. Er bezog sein aus Büchern stammendes Wissen immer auf die sozialen Realitäten seiner Umgebung und lehnte es ab, schematisch Konzepte aus anderen Weltregionen für Kuba und Lateinamerika zu übernehmen. Zugleich waren die Revolution und der Aufbau des Sozialismus immer internationale und internationalistische Angelegenheiten, eine Unterordnung der Politik unter die nationalen Bedürfnisse eines oder mehrerer sozialistischer Staaten lehnte er ab. Und so wie er sich selbst der kontroversen Diskussion seiner Positionen stellte, so scheute er auch vor Kritik gegenüber anderen nicht zurück. Bekannt wurde seine Rede in Algier am 24. Februar 1965, in der er den sozialistischen Ländern vorwarf, »in gewisser Weise Komplizen der imperialen Ausbeutung« der Entwicklungsländer zu sein und eine andere Investitionspolitik gegenüber den gerade vom Kolonialismus befreiten Ländern forderte. Bislang wenig bekannt sind dagegen – zumindest außerhalb des spanischsprachigen Raums – seine nach dem Scheitern des Kampfes im Kongo 1965 in Prag verfassten und erst 2006 veröffentlichten »Kritischen Anmerkungen zur Politischen Ökonomie«, in denen er die Wirtschaftspolitik der Sowjetunion einer harschen Kritik unterzog, verbunden mit der Warnung vor der Gefahr eines Rückfalls in den Kapitalismus.

Bislang ist nur ein Bruchteil der Werke von Che Guevara in deutscher Sprache erhältlich. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sind in Kuba vor allem durch das Centro de Estudios Che Guevara in Havanna zahlreiche bislang unveröffentlichte Texte aus seiner Feder herausgegeben worden, doch teilweise sind auch diese schon wieder vergriffen. Dabei ist dem zuzustimmen, was der kubanische Soziologe und frühere Botschafter seines Landes im bolivarischen Venezuela, Germán Sánchez Otero, in seinem 2017 erschienenen Buch »Che sin enigmas« unterstrichen hat: »Dieses Werk des Che hat einen immensen Wert, um uns dabei zu helfen, die richtigen Antworten auf unsere Probleme des kubanischen Übergangs zum Sozialismus im 21. Jahrhundert und der anderen Prozesse zu finden, die sich für eine wirklich sozialistische Alternative einsetzen.« Che habe gezeigt, »dass der Revolutionär nicht nur dann mutig ist, wenn er bereit ist, mit einem Gewehr in der Hand für die Sache des Sozialismus zu sterben, sondern dass der gleiche Mut nötig ist, um die Wahrheit zu sagen, die sich als Ergebnis der Verarbeitung der Tatsachen und der theoretischen Praxis ergeben.«

Erschienen am 5. Mai 2018 in der Beilage »Karl Marx« der Tageszeitung junge Welt