Druck auf Obama

Das US-Finanzministerium in Washington hat am Donnerstag die Lockerung von Teilen der seit Jahrzehnten gegen Kuba verhängten Blockade angekündigt. In erster Linie geht es dabei um Reiseerleichterungen für in den USA lebende Kubaner, die künftig unbegrenzt Familienangehörige auf der Insel besuchen dürfen. Auf der Insel dürfen sie dann bis zu 179 US-Dollar am Tag oder insgesamt 3000 Dollar ausgeben. Auch Geldüberweisungen an enge Verwandte sind künftig in unbegrenzter Höhe möglich, allerdings nur, wenn diese nicht »Mitglieder der kubanischen Regierung oder der Kommunistischen Partei« sind.

US-Präsident Barack Obama hatte diese Maßnahmen bereits unmittelbar vor dem Amerika-Gipfel im April angekündigt, die Umsetzung hatte aber bis jetzt auf sich warten lassen. Von kubanischer Seite gab es zu den neuen Maßnahmen zunächst keinen Kommentar, aber bereits im April hatte Fidel Castro in einer seiner »Reflexionen« darauf hingewiesen, daß die Lockerungen keine Aufhebung der Blockade bedeuten, durch die Kuba für seine Patienten keine Medikamente oder Diagnosegeräte auf dem Weltmarkt kaufen kann, wenn sie in den USA hergestellte Bestandteile enthalten. »Die grausame Blockade (…) kostet ständig Menschenleben und fügt unseren Bürgern schmerzhafte Leiden zu«, schrieb Fidel damals, betonte jedoch: »Kuba hat Widerstand geleistet und wird Widerstand leisten. Es wird niemals seine Hände zum Betteln ausstrecken«.

Für Kubaner gibt es jedoch auch weiterhin keine Reisefreiheit in die USA, was jedoch nicht an der kubanischen Regierung liegt. So weigern sich die Behörden in Washington noch immer, Adriana Pérez, der Ehefrau von Gerardo Hernández, ein Einreisevisum auszustellen. Hernández gehört zu den fünf kubanischen Aufklärern, die in von Miami aus operierende antikubanische Terrororganisationen eingesickert waren, um von dort aus Anschläge auf der Insel zu verhindern. Seit elf Jahren sitzen sie in US-Gefängnissen teilweise mehrfach lebenslängliche Haftstrafen ab. Der kubanische UNO-Botschafter Abelardo Moreno hat deshalb nun den Generalsekretär der Vereinten Nationen, Ban Ki-Moon, zum Eingreifen aufgefordert, damit die US-Administration zumindest aus humanitären Gründen ein Visum für Adriana Pérez ausstellt und sie ihren Ehemann besuchen läßt.

Am 15. Juli hatte die US-Interessenvertretung in Havanna nach einer dreimonatigen Wartezeit zum zehnten Mal in Folge den Visumsantrag von Adriana Pérez abgelehnt, weil die junge Frau »eine Bedrohung für die Stabilität und die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten« darstelle.

Unterdessen wächst der Druck auf Obama, die Reisebeschränkungen nicht nur für in den USA lebende Kubaner, sondern für alle US-Bürger aufzuheben. 20 Senatoren des US-Kongresses, die US-Handelskammer (USCC) und andere Einrichtungen unterstützen einen entsprechenden Gesetzentwurf, der die Einschränkung der Reisefreiheit aufheben und so den Weg zu einer Erleichterung der Handelsbeziehungen und schließlich zu einer völligen Aufhebung der Blockade öffnen soll.

Erschienen am 5. September 2009 in der Tageszeitung junge Welt