Drogenboß ausgeliefert

Kolumbien hat am Montag den einstigen Großunternehmer Walid Makled an Venezuela ausgeliefert. Am Dienstag morgen (Ortszeit) wurde er in Caracas dem Haftrichter vorgeführt. Was auf den ersten Blick wie eine Antwort Bogotás auf die Ende April erfolgte Überstellung des schwedischen Journalisten kolumbianischer Abstammung Joaquín Pérez Becerra durch Venezuela aussieht (jW berichtete), ist tatsächlich das Ende eines monatelangen diplomatischen Tauziehens zwischen Caracas, Bogotá und Washington.

Walid Makled García, der aufgrund seiner syrischen Abstammung auch »Der Türke« oder »Der Araber« genannt wurde, war ein dicker Fisch in der venezolanischen Geschäftswelt. Ihm gehörte die Fluggesellschaft Aeropostal, die zu den größten des Landes gehört und in die »Top 10« der lateinamerikanischen Luftfahrtunternehmen aufsteigen will. Makled kontrollierte außerdem den wichtigsten Hochseehafen Venezuelas in Puerto Cabello. Auch weitere Handels- und Transportunternehmen gehörten zum Imperium des Magnaten.

Seine Macht endete 2008, als die venezolanische Polizei nach jahrelangen Ermittlungen seine Finca durchsuchte und dabei unter anderem fast 400 Kilo Kokain beschlagnahmte. Makled setzte sich ab und tauchte unter, bis er im vergangenen August in Kolumbien gefaßt werden konnte. Der entscheidende Tip dazu kam offenbar aus den USA, deren Behörden ebenfalls nach Makled fahndeten, dem sie als »König der Drogenpaten« den Prozeß machen wollten. Letztlich war es Kolumbiens Staatschef Juan Manuel Santos, der die Entscheidung traf, Makled an sein Herkunftsland Venezuela und nicht an die USA auszuliefern. Der Exmagnat selbst hätte wohl ein Verfahren in Nord­amerika vorgezogen, denn er hoffte darauf, von Washington als Kronzeuge gegen die Regierung Venezuelas gebraucht zu werden.

Makled hatte jahrelang gute Beziehungen zur Regierung in Caracas gepflegt, solange es seinen Gewinnen zuträglich war. So übernahm er gegen gute Bezahlung 2002 und 2003 einen Teil der Lebensmitteltransporte, als die Opposition versuchte, mit einer als Generalstreik ausgegebenen Wirtschaftssabotage die Regierung von Präsident Hugo Chávez ökonomisch zu erdrosseln. In der Folge fand er zum Beispiel beim damaligen Gouverneur des Bundesstaates Carabobo, Luis Felipe Acosta Carlez, offene Türen vor und konnte sich so die Konzession für den Hafen von Puerto Cabello sichern – nicht ohne finanzielle Gegenleistung, wie er später aussagte. Vor dem Hintergrund solcher Korruptionsvorwürfe kam es 2008 zum Bruch zwischen Acosta Carlez und Staatspräsident Hugo Chávez. Während sich der Amtsinhaber daraufhin erfolglos als »unabhängiger Kandidat« um eine Wiederwahl als Gouverneur bewarb, ging für die Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) der Fernsehmoderator Mario Silva ins Rennen, der in seiner Sendung »La Hojilla« Videoaufnahmen präsentierte, die die engen Verbindungen von Acosta Carlez und Walid Makled belegen sollten. Lachender Dritter wurde jedoch die rechte Opposition, deren Kandidat Henrique Salas Feo die Regionalwahl im November 2008 gewinnen konnte und Carabobo seither regiert.

Der bevorstehende Prozeß gegen Walid Makled wird in Venezuela nun mit Spannung erwartet. Während die Opposition darauf hofft, vom Angeklagten Aussagen zu bekommen, die Vertreter des Regierungslagers belasten, rief die PSUV dazu auf, die Politik aus dem Verfahren herauszuhalten. Zugleich kündigte Parteisprecher Rodrigo Cabezas jedoch an, es werden keine »automatische Solidarität« mit Aktivisten oder Regierungsmitgliedern geben, die in die Vergehen Makleds verwickelt seien. »Die Justiz soll handeln und diejenigen bestrafen, die bestraft werden müssen, unabhängig von ihren Positionen und Privilegien«, forderte Cabezas.

Erschienen am 11. Mai 2011 in der Tageszeitung junge Welt und am 12. Mai 2011 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek