Die Fratze des Faschismus

Mit Razzien, willkürlichen Verhaftungen und dem Einsatz von Todesschwadronen gehen die Putschisten in Tegucigalpa und anderen honduranischen Städten gegen Demonstranten vor. Seit der überraschenden Rückkehr des rechtmäßigen Präsidenten Manuel Zelaya sieht sich das Regime in der Defensive. Der am 28. Juni gestürzte Staatschef war mit Unterstützung mehrerer lateinamerikanischer Staaten am Montag nach Tegucigalpa zurückgekehrt und hält sich seither in der Botschaft Brasiliens auf. Angesichts mehrerer Übergriffe auf die diplomatische Vertretung hat Brasilien eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrates beantragt.

Das wankende Regime versucht, sein Ende durch den Einsatz brutaler Gewalt zu verhindern. Die Umgebung der brasilianischen Botschaft im Stadtviertel Morazán ist von Soldaten und Polizisten abgeriegelt, die auch die Lieferung von Lebensmitteln und Trinkwasser für die noch rund 50 Menschen in der diplomatischen Vertretung behindern. Deren Wasser- und Stromversorgung wurde unterbrochen. Aus dem Botschaftsgebäude heraus warnte der katholische Priester Andrés Tamayo gegenüber Rundfunksendern, daß Soldaten von außerhalb des Geländes chemische Substanzen über die Mauern werfen, die Magenschmerzen und Atembeschwerden verursachen. Aus großen Lautsprechern wurde das Botschaftsgebäude außerdem mit laustarker Musik beschallt, um die dort ausharrenden Menschen, darunter offenbar auch Kinder, zu zermürben.

Während Tegucigalpa durch die mehrfach verlängerte Ausgangssperre teilweise einer Geisterstadt gleicht, reißen die Proteste gegen die Putschisten nicht ab. Die Widerstandsbewegung hat die Bevölkerung aufgerufen, die Proteste zunächst in unmittelbarer Nähe ihrer Wohnorte fortzusetzen.

Auf die dezentralen Proteste reagierte das Regime mit Razzien. Polizei und Militär drangen gewaltsam in die Wohnviertel ein und lösten Versammlungen mit Tränengas und gezielten Schüssen auf. Die Widerstandsfront sprach in einer Erklärung von »mehreren Toten, Dutzenden Verletzten und Hunderten Verhafteten«.

Nach der gewaltsamen Auflösung einer Demonstration Tausender Anhänger Zelayas vor dem Botschaftsgebäude am Dienstag hatten die Putschisten etwa 300 Menschen in das zum Gefangenenlager umfunktionierte Baseballstadion von Tegucigalpa verschleppt, wo die Menschen ohne Schutz der sengenden Sonne ausgesetzt waren. Rafael Alegría von der Widerstandsfront gegen den Staatsstreich sprach in diesem Zusammenhang von Bildern, die denen nach dem Sturz des chilenischen Präsidenten Salvador Allende durch General Augusto Pinochet im September 1973 gleichen. Auch die kubanische Journalistin Norelys Morales fühlt sich an die damalige Zeit erinnert: »Wie es die Pinochet-Faschisten zu ihrer Zeit im Nationalstadion von Santiago de Chile getan haben, machen heute die honduranischen Putschisten das Stadion Chochi Sosa zu einem Konzentrationslager.«

Erschienen am 24. September 2009 in der Tageszeitung junge Welt