Die 20. Internationale Buchmesse zog auch in diesem Jahr wieder Zehntausende Besucher an

LANG waren die Schlangen, die sich vor den Kassenhäuschen an der Festung „La Cabaña“ jeden Morgen bildeten. Es waren nicht etwa Touristen, die hier warteten, um von den altehrwürdigen Mauern aus den schönen Blick auf die Altstadt Havannas genießen zu können, sondern Kubaner aller Altersklassen. Schulklassen, Studierende und Betriebsgruppen kamen im Februar Tag für Tag zu Zehntausenden auf die alte Festung, um sie schwer bepackt mit Büchern, müde, aber glücklich, zu verlassen.

Zum 20. Mal fand die Internationale Buchmesse in diesem Jahr bereits statt. Aussteller aus aller Welt präsentierten Neuerscheinungen und Klassiker, vom Malbuch bis zum Standardwerk über den zweihundertsten Jahrestag der lateinamerikanischen Unabhängigkeit. Diesem war die Buchmesse ebenso gewidmet, wie der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) und den beiden preisgekrönten kubanischen Schriftstellern Jaime Sarusky Miller und Fernando Martínez Heredia.

Im Gespräch mit Journalisten der deutschen Tageszeitung „jungeWelt“ würdigte der kubanische Kulturminister Abel Prieto die Buchmesse als ein „Fest der Demokratisierung des Lesens und der Kultur“. Zuvor hatte er an der Vorstellung eines neuen Buches über den berühmten kubanischen Liedermacher Silvio Rodríquez teilgenommen. Verschiedene Musikgruppierungen umrahmten diese Lesung mit ihren Interpretationen seiner Lieder, was der in der ersten Reihe sitzende Künstler gerührt und mitsummend verfolgte.

Unterdessen drängten sich an unzähligen Bücherständen unter dem blauen Himmel Havannas tausende Menschen auf der Suche nach neuen Lieblingsbüchern. Während die Erwachsenen sich für die aktuellen politischen und literarischen Neuerscheinungen interessierten, versuchten die Kleinsten ihre Eltern davon zu überzeugen, die Theatervorstellungen, das Ponyreiten und die Bastelstunden im Kinderbereich zu besuchen.

Zeitgleich stellte der bekannte kubanische Journalist Luis Baez sein erst zwei Tage zuvor aus dem Druck gekommenes Werk „Fidel por el Mundo“ vor. Das siebenhundert Seiten starke Buch behandelt die Erfahrungen des Reporters während unzähliger Reisen, bei denen er den kubanischen Comandante en Jefe Fidel Castro begleitete. Ein Abschnitt dieses Werkes behandelt unter anderem seinen Besuch 1972 in Berlin, das damals noch die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik war.

Doch die Buchmesse ging über die Mauern der „Cabaña“ hinaus. Viele Veranstaltungszentren in Havanna wurden ebenfalls zu Austragungsorten. So stellte der in Kuba studierende Filmemacher Tobias Kriele im „Pabellon Cuba“ seinen Dokumentarstreifen „Zucker und Salz“ vor. Dessen Hauptdarstellerinnen sind vier kubanische Freundinnen, die sich vor 50 Jahren während der Alphabetisierungskampagne in der Sierra Maestra kennenlernten und bis heute im Guten wie im Schlechten zusammenhalten: „Wir teilen nicht nur den Zucker, sondern auch das Salz“. Während am Sitz der Union kubanischer Schriftsteller und Künstler (UNEAC) Autoren aus aller Welt ihre Stimme gegen den Atomkrieg erhoben, fand der Sänger Gerardo Alfonso begeisterte Zuhörer in der „Casa ALBA“.

Neben der Frankfurter Buchmesse GmbH und der deutschen Solidaritätsgruppe „Cuba Sí“ sorgte in diesem Jahr auch wieder das „Berliner Büro Buchmesse Havanna“ unter Leitung der Tageszeitung „jungeWelt“ für eine starke deutsche Vertretung in der Festung. Hieran beteiligten sich neben der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba und der Vereinigung Schweiz-Kuba mehrere Verlage aus Deutschland, so Rotbuch, Eulenspiegel, der Verlag 8. Mai, Kulturmaschinen und Neue Impulse.

Nach Abschluss der Ausstellung in Havanna zog die Buchmesse in die Provinzen des Landes, wo sie in Santiago de Cuba im äußersten Osten der Insel ihren Abschluss fand.

Erschienen am 3. März 2011 in der Granma Internacional (gemeinsam verfasst mit Claudia Schröppel)