CIA getroffen

Der Monat Juli beginnt, wie der für die Besatzungstruppen in Afghanistan bislang verlustreichste Monat Juni endete. Bei Gefechten im Osten des Landes wurde NATO-Angaben zufolge am Freitag ein US-Soldat getötet. Weitere ausländische Opfer forderte ein Anschlag im nordafghanischen Kundus. Dabei kamen laut einem Bericht von Al-Dschasira ein deutscher, ein britischer, ein philippinischer und zwei afghanische Wachleute ums Leben. Das Auswärtige Amt in Berlin bestätigte, daß bei dem Anschlag auf »eine amerikanische Hilfsorganisa­tion« auch ein »32jähriger deutscher Staatsbürger aus Schleswig-Holstein« getötet wurde, der Medienberichten zufolge ein früherer Bundeswehrsoldat gewesen sein soll. Die Nachrichtenagentur DAPD berichtete, daß sich ein Selbstmordattentäter gegen 3.30 Uhr morgens am Eingang des Gebäudes mit einem Geländewagen in die Luft gesprengt habe. Fünf weitere seien dann hinein gestürmt.

Der Angriff richtete sich offenbar gezielt gegen das US-Unternehmen Development Alternatives Inc (DAI), das in den meisten Agenturmeldungen verharmlosend als »Hilfsorganisation« beschrieben wird. Tatsächlich ist die DAI einer der größten Auftragnehmer des State Departments (US-Außenministerium), des Pentagon und der »US-Agentur für internationale Entwicklung« (USAID). Letztere gilt als scheinbar humanitäre Front­organisation des US-Geheimdienstes CIA. Im vergangenen Dezember zitierte die US-Rechtsanwältin und Publizistin Eva Golinger, die durch die Veröffentlichung von Geheimdokumenten der US-Administration über die Einmischung in Venezuela bekannt geworden ist, einen ungenannt bleibenden »hohen Beamten« der CIA. Dieser habe bestätigt, daß die Agentur die USAID benutze, um seine Agenten in anderen Ländern mit Geldmitteln zu versorgen. So stelle die CIA ihren Agenten Verträge im Namen der USAID aus, damit diese sich als Angestellte der offiziell regierungsunabhängigen Organisation präsentieren können.

In Afghanistan kümmert sich die DAI laut der Selbstdarstellung auf ihrer Homepage unter anderem um die »Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen« sowie um Programme zur »afghanisch geführten Gemeindeentwicklung«. Bereits im vergangenen Jahr berichtete die Zeitung USA Today jedoch über eine Untersuchung der US-Administration, wonach die Projekte der DAI äußerst »fragwürdig« seien, da es dem Unternehmen an einer »umfassenden Strategie« für die Umsetzung lokaler Projekte fehle. US-Außenministerin Hillary Clinton wird von dem Blatt mit den Worten zitiert, die Hilfsprojekte seien »zum Herzzerreißen gescheitert«.

Trotzdem genießt die DAI offenbar nach wie vor die wohlwollende Förderung durch Washington. So berichtete die in Caracas erscheinende Tageszeitung Correo del Orinoco im Januar darüber, daß die DAI im Auftrag der USAID im Vorfeld der Parlamentswahlen die Oppositionsparteien unterstütze. Und im vergangenen Dezember wurde in Kuba ein »Geschäftsmann« festgenommen, der im Auftrag der Firma tätig war. »Es blieb unklar, was der Angestellte dort getan hat, als er festgenommen wurde«, schrieb damals die New York Times, denn tatsächlich fehlt in der offiziellen Aufstellung der DAI über ihre Aktivitäten jeglicher Anhaltspunkt für ein Engagement auf der Insel.

Erschienen am 3. Juli 2010 in der Tageszeitung junge Welt