»Chavistischer als je zuvor«

Mit zahlreichen Veranstaltungen wurde in Venezuela am Montag an den fünften Todestag des früheren Präsidenten Hugo Chávez erinnert. Im Präsidentenpalast Miraflores in Caracas kamen die Staatschefs der Bolivarischen Allianz für die Völker Unseres Amerikas (ALBA) zu einem Gipfeltreffen zusammen. Kubas Präsident Raúl Castro, sein nicaraguanischer Amtskollege Daniel Ortega, Boliviens Präsident Evo Morales und die Staatsgäste aus den übrigen ALBA-Ländern nutzten ihre Präsenz, um die Drohungen der USA und der Europäischen Union gegen Venezuela anzuprangern. Außerdem protestierten sie einhellig dagegen, dass Perus Regierung die Bolivarische Republik von dem im April stattfindenden Amerika-Gipfel in Lima ausgeladen hat.

Offiziell begrüßt wurde auf dem Spitzentreffen der puertoricanische Freiheitskämpfer Oscar López Rivera, der in den USA jahrzehntelang im Gefängnis gesessen hatte. Maduro überreichte dem Gast eine Replik des Schwerts des Nationalhelden Simón Bolívar – eine Ehre, die normalerweise nur Präsidenten und ähnlich hochrangigen Persönlichkeiten zuteil wird. López Rivera bedankte sich und versicherte, dass große Teile des Volkes von Puerto Rico sich dem Widerstandskampf Venezuelas gegen die US-Aggression eng verbunden fühlten.

Der als Hoffnungsträger von vielen Venezolanern noch heute verehrte Hugo Chávez, der das Land seit 1999 regiert hatte, hatte am 5. März 2013 seinen Kampf gegen den Krebs verloren. Hunderttausende Menschen nahmen damals von ihrem Comandante Abschied, der erst ein halbes Jahr zuvor die Präsidentschaftswahl erneut klar gewonnen hatte. Nachfolger wurde der langjährige Außenminister Nicolás Maduro, den Chávez in seiner letzten öffentlichen Ansprache im Dezember 2012 empfohlen hatte.

Die Neuwahl im April 2013 konnte Maduro jedoch nur knapp gegen den Oppositionskandidaten Henrique Capriles Radonski gewinnen. So geschwächt sah er sich von Anfang an einer wütenden Kampagne der Opposition gegenüber, die mit allen Mitteln seinen Sturz erreichen wollte. Höhepunkt waren im vergangenen Jahr gewaltsame Proteste über Monate, die mehr als 120 Menschenleben kosteten. Trotzdem konnte sich Maduro behaupten. Er hat gute Chancen, die am 20. Mai stattfindenden Präsidentschaftswahlen zu gewinnen – auch, weil Teile der Opposition die Abstimmung boykottieren wollen.

Fünf Jahre nach dem Tod von Hugo Chávez zeigte sich Maduro stolz, weil er Chávez gegenüber loyal geblieben sei. Vor Tausenden Menschen, die sich an seinem Amtssitz versammelt hatten, erklärte der Präsident: »Nach fünf Jahren sind unsere Erinnerungen an Chávez keine Tränen mehr, sondern das Lächeln einer Verpflichtung. Chávez ist mehr Zukunft als Vergangenheit, und so verkünden wir in alle vier Himmelsrichtungen, dass Venezuela heute chavistischer ist als je zuvor.«

Mit Blick auf die bevorstehende Entscheidung über das Staatsoberhaupt rief Maduro die Venezolaner auf, unabhängig von ihrer politischen Haltung ihr Wahlrecht wahrzunehmen. »Das Volk wird für Frieden und Unabhängigkeit votieren«, formulierte er seine Überzeugung. an. Auf der Bühne vor dem Präsidentenpalast stärkten Maduro unter anderem Morales, Ortega und Castro den Rücken.

Wie in allen Teilen des südamerikanischen Landes fand auch in dem an Caracas angrenzenden Bundesstaat Vargas eine offizielle Gedenkveranstaltung statt. Vor dem im vergangenen Jahr in Catia La Mar errichteten Denkmal für Hugo Chávez waren 150 Soldaten aufgezogen, um in einer militärischen Zeremonie an den verstorbenen Präsidenten zu erinnern. Der Gouverneur von Vargas, General García Carneiro, rief die Venezolaner zur Einheit auf, um die Bedrohung durch den Imperialismus abwehren zu können. Herzlich begrüßte er mehrere Dutzend Gäste aus den USA, Kanada und Europa zu dem festlichen Akt. Insgesamt sind rund 300 Delegierte aus zwei Dutzend Ländern der Welt nach Venezuela gekommen, um am Dienstag und Mittwoch an einer internationalen Solidaritätskonferenz unter dem Motto »Wir alle sind Venezuela« teilzunehmen.

Erschienen am 7. März 2018 in der Tageszeitung junge Welt