CDU und Adenauer-Stiftung bleiben auf Anti-Venezuela-Kurs

Venezuela bleibt für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion und die unionseigene Honrad-Adenauer-Stiftung eine “belagerte Demokratie”, der venezolanische Präsident Hugo Chávez ist „ein populistischer und charismatischer Führer“ und damit ein schlechtes Beispiel für die anderen Länder Lateinamerikas. An dieser Position, die sich auch durch eine direkte Unterstützung rechter venezolanischer Oppositionsparteien wie „Primero Justicia“ ausdrückt, hat sich auch durch die eindrucksvolle Bestätigung der Regierung beim Referendum über den Präsidenten Chávez am 15. August und bei den Regionalwahlen am 31. Oktober nichts geändert.

Bei einer Fachtagung der Konrad-Adenauer-Stiftung, die am 11. November unter dem Titel „Neue Strategien der Lateinamerikapolitik“ in Berlin stattfand, verstieg sich der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedbert Pflüger, zu drastischen Ausfällen gegen Hugo Chávez, und das in Anwesenheit von eingeladenen Vertretern der venezolanischen und anderer lateinamerikanischer Botschaften. Pflüger, der sein Wissen über Simón Bolívar nach eigenem Bekunden aus dem Roman „Der Genral in seinem Labyrinth“ von Gabriel García Márquez bezogen hat, meinte den versammelten Diplomaten erklären zu müssen, daß Chávez zu unrecht „bolivarianisch“ genannt würde. „Bolívar ist mit seinem Traum von einem vereinten Lateinamerika gescheitert. Will Chávez jetzt mit seinem ganzen Geld das verwirklichen, woran Bolívar scheiterte?“ fragte er mit deutlichem ironischen Grinsen. Als positives Beispiel nannte Pflüger hingegen ausgerechnet den kolumbianischen Präsidenten Uribe, der derzeit die rechtsextremen Paramiliutärs hofiert, während er die demokratischen Rechte der Bevölkerung immer weiter einschränkt und eine brutale Militäroffensive gegen die Guerrillagruppen betreibt, deren Opfer vor allem die Zivilbevölkerung in den ländlichen Regionen Kolumbiens ist.

Anlaß für die Konferenz und die Ausfälle des CDU-Politikers war die Präsentation einer neuen Broschüre der Konrad-Adenauer-Stiftung unter dem Titel „Neue Impulse für eine bewährte Partnerschaft: Deutschland & Lateinamerika“. Hier wird die Hetze gegen Venezuela fortgesetzt. So heißt es in der Broschüre: „Vor diesem Hintergrund gewinnen Strömungen an Boden, welche die Globalisierung und die marktwirtschaftliche Ordnung grundsätzlich in Frage stellen und das diffuse Konzept des ‚Neoliberalismus’ als neues Feindbild aufbauen. (…) Problematisch wird eine solche Fundamentalkritik vor allem dann, wenn sie sich mit populistischen und im Kern autoritären Bestrebungen verbinddet, wie es beim Chávez-Regime in Venezuela der Fall ist.“

Es ist dies nicht das erste Mal, daß CDU/CSU und Konrad-Adenauer-Stiftung in einer solchen Weise gegen die tiefgreifenden Reformen in Venezuela Stellung beziehen. Bereits im März phantasierte die Union in einem Antrag an den Bundestag: „Marsch in den autoritären Unrechtsstaat in Venezuela geht weiter“ und forderte in der Parlamentsdebatte sogar ein Embargo gegen das erdölexportierende Land.

Im August legte die Adenauer-Stiftung einen „Länderbericht Venezuela“ vor, der nach Einschätzung des venezolanischen Außenministeriums nur das Ziel verfolgt, das Ansehen des Präsidenten Chávez und seiner Regierung zu schädigen. Dabei greift die Stiftung auf „statistische Manipulationen, falsche Zahlen, Angaben ohne glaubwürdige Quellenangabe und Schlußfolgerungen mit außerordentlicher Einseitigkeit“ zurück, wie das Ministerium in Caracas feststellt. Als Beispiel für diese Manipulation nennt das Ministerium die Behauptung eines „Rückgangs der Wahlbeteiligung“ anhand von Zahlen aus dem Jahr 2002 und empfiehlt der Stiftung „zur Kenntnis (zu) nehmen, daß es im Jahr 2002 keine Wahlen in unserem Land gab.“ Außerdem weist das Ministerium nach, daß angeblich aus einer UNESCO-Studie entnommene Zahlen über das Bildungswesen in Venezuela nicht mit den dort veröffentlichten Angaben übereinstimmen: „Man muß vermuten, daß diese Angabe von den Autoren willkürlich eingeführt wurde, denn Venezuela ist das lateinamerikanische Land mit dem größten Wachstum an Ausgaben im Bildungsbereich in den letzten 20 Jahren.“

Angesichts der fortschreitenden Stimmungsmache gegen den bolivarianischen Prozeß wandte sich auch der venezolanische Botschafter in Deutschland, Bernabé Carrero Cuberos, an den Präsidenten der Adenauer-Stiftung, Bernhard Vogel. In dem Brief heißt es: „Es ist unglaublich, daß die Stiftung, der Sie vorstehen, (…) sich traut, einen solch unerfreulichen Bericht zu veröffentlichen, (…)offensichtlich in dem einzigen Interesse, das Ansehen einer demokratischen und partizipativen Regierung zu beschädigen, die nach 40 Jahren falscher Freiheit endlich die Möglichkeiten eröffnet, die von der Mehrheit lange gefordert wurden. Mit dieser Haltung mischt sich die von der deutschen Regierung finanzierte Konrad-Adenauer-Stiftung einmal mehr in die inneren Angelegenheiten unseres Landes ein.“

Artikel vom 18. November 2004