Botschafter des Tages: Richard Grenell

Jens Spahn ist schon ganz hippelig. »Endlich! Ich freue mich darauf, dich in Berlin willkommen zu heißen«, twitterte er am Donnerstag abend an die Adresse des neuen US-Botschafters in der Bundesrepublik, Richard Grenell. Der antwortete dem Bundesgesundheitsminister prompt: »Danke, Jens! Wir sehen uns bald!«

Der Wunschkandidat von US-Präsident Donald Trump hatte lange auf seine Bestätigung als neuer Chefdiplomat in Berlin durch den Senat warten müssen. Erst am Donnerstag billigte das Oberhaus des US-Kongresses die Ernennung mit 56 gegen 42 Stimmen. Monatelang hatten sich insbesondere die Demokraten Grenell widersetzt und auf dessen abfällige Äußerungen über Frauen verwiesen. Noch am Donnerstag warnte Senator Robert Menendez in der Debatte: »Wird er diese Dinge auch tun, wenn er bestätigt ist und nach Deutschland geht? Wird er über seinen Twitter-Account die weibliche Kanzlerin von Deutschland beleidigen? Ich hoffe, nicht.«

Dann hoffe mal weiter. In den vergangenen Monaten hat sich der frühere Nachrichtensprecher von Trumps Lieblingssender Fox News bereits warmgelaufen. So kritisierte er am 14. April – natürlich über Twitter –, dass sich Deutschland nicht an der Bombardierung Syriens durch die USA, Frankreich und Großbritannien beteiligt hatte. Und nachdem am 7. April ein 48jähriger Deutscher in Münster sein Fahrzeug in eine Menschenmenge gelenkt und zwei Menschen getötet hatte, verbreitete Grenell Spekulationen, wonach zwei Tatbeteiligte auf der Flucht seien. Es handelte sich jedoch um einen Einzeltäter, und die Polizei kritisierte später mit deutlichen Worten die Verbreitung von Gerüchten im Internet. Sowas aber bereitet dem Establishment in Washington keine Sorgen. Warum auch? Jemand wie Grenell ist doch genau der richtige Kontaktmann zu einer Regierung, in der ein Jens Spahn Kabinettsmitglied sein kann.

Erschienen am 28. April 2018 in der Tageszeitung junge Welt