Bollwerk gegen das Imperium

In Havanna wird am heutigen Sonnabend die erste Nationalkonferenz der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) eröffnet, eine in etwas kleinerem Rahmen gehaltene Fortsetzung des Parteitags vom vergangenen April. 811 Delegierte, die mehr als 800000 Mitglieder vertreten, wollen während der zweitägigen Versammlung die Umsetzung der im April beschlossenen Veränderungen überprüfen. Zugleich soll die Konferenz ein achtseitiges Dokument beraten, das seit seiner Veröffentlichung im vergangenen Oktober in über 65000 Versammlungen von den Basisgruppen der Partei und des Kommunistischen Jugendverbandes (UJC) diskutiert worden ist. Mehr als eine Million Meinungsäußerungen wurden an das Zentralkomitee übermittelt, das daraufhin 78 der 96 Punkte der ursprünglichen Fassung überarbeitete und fünf Abschnitte hinzufügte.

Das Dokument bekräftigt den »marxistischen, leninistischen und martianischen« Charakter der kubanischen Einheitspartei, spart aber auch nicht an Selbstkritik. Man müsse anerkennen, heißt es in dem Papier etwa, daß sich die Partei mehrfach in Aufgaben eingemischt habe, die nicht die ihren gewesen seien. Das habe ihrer führenden Rolle sowie der politischen und ideologischen Arbeit geschadet. »Die Imperialisten setzen ihre Hoffnungen in die angebliche Anfälligkeit der neuen Generationen und bestimmter Gruppen oder Schichten der Gesellschaft; sie wollen Spaltung, Apathie, Entmutigung, Entwurzelung und fehlendes Vertrauen in die Führung der Revolution und der Partei befördern«, heißt es in dem Papier warnend. Die Einmischung und aggressive Politik »des Imperiums« mache es notwendig, »größte Aufmerksamkeit auf die Vorbereitung des Landes für die Verteidigung und Stärkung der bewaffneten Institutionen und der politisch-ideologischen Arbeit zu legen«.

Dazu dient auch das »Jahr der Vorbereitung auf die Verteidigung«, das die Revolutionären Streitkräfte (FAR) am 1. Februar eröffnen wollen. Diese Reihe von Manövern, Übungen und Schulungen werde im November in die große Strategische Übung »Bollwerk 2012« münden, berichtete am Donnerstag die kubanische Nachrichtenagentur Prensa Latina. Deren Konkurrenz AFP wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß das Großmanöver damit parallel zu den Präsidentschaftswahlen in den USA stattfinden wird.

Die potentiellen republikanischen Herausforderer von US-Präsident Barack Obama setzen besonders im Vorfeld der am Dienstag in Florida stattfindenden Vorwahl auf antikubanische Hetze und Kriegsdrohungen. Bei einer Fernsehdebatte wetteiferten sie am Donnerstag (Ortszeit) erneut darum, wer die schärfsten Töne gegen Havanna anschlägt. Alle Kandidaten kündigten an, im Fall ihrer Wahl ins Weiße Haus die Sanktionen gegen die Karibikrepublik verschärfen zu wollen, und attackierten Obama wegen dessen vorsichtiger Lockerung von Reiseverboten und Geldverkehrsbeschränkungen. Als einziger widersprach der sich liberal präsentierende Ron Paul, der in der Vergangenheit bereits gegen die Kriege im Irak und in Afghanistan aufgetreten war und nun auf »Wandel durch Annäherung« setzt. Man müsse die Blockade aufheben, forderte er, denn »freier Handel mit Kuba würde das kubanische Volk stärken und das Regime schwächen«.

Erschienen am 28. Januar 2012 in der
Tageszeitung junge Welt