Bildungsprotestlerin des Tages: Isabel Allende

Die Schriftstellerin Isabel Allende will sich nicht vor den Karren des chilenischen Bildungsministeriums spannen lassen. Unter dem Eindruck der anhaltenden Proteste der Schüler und Studenten in dem südamerikanischen Land hat sie jetzt eine Lesereise abgesagt, die sie nach der Verleihung des Nationalen Literaturpreises 2010 zugesagt hatte.

Allende war am Sonntag in Santiago eingetroffen und konnte sich offenbar erst dort aus dem magischen Realismus befreien, der sie in ihrem Haus an der kalifornischen Westküste der USA von der tristen Realität ihres Heimatlandes abschottet. »Ich habe mich sehr auf die Reise gefreut. Aber was soll ich denn machen, wenn die Schulen geschlossen sind«, sagte sie am Dienstag (Ortszeit) der Tageszeitung La Tercera. Nachdem in den vergangenen Wochen die Polizei mehrfach brutal gegen Demonstrationen der Schüler und Studenten vorgegangen war, sind viele Bildungseinrichtungen von den Jugendlichen besetzt worden. Allende stellte sich nun offen auf die Seite der Protestierenden: »Eine kostenfreie und qualitativ hochwertige Bildung ist eine grundlegende Forderung. Und das Profitstreben ist Teil des neoliberalen Systems, das nicht mehr funktioniert«, erklärte sie dem chilenischen Blatt. Die Jugendlichen seien dabei, eine »Kulturrevolution« durchzuführen, sagte Allende und stellte die Proteste in ihrem Heimatland in eine Reihe mit den Aktionen der »Empörten« in Spanien und den Unruhen der unzufriedenen jungen Generation in England.

Die Nichte des 1973 gestürzten chilenischen Präsidenten Salvador Allende gehört zu den am meisten gelesenen Autorinnen spanischer Sprache. Ihren Durchbruch feierte sie 1982 mit dem Roman »Das Geisterhaus«.

Erschienen am 18. August 2011 in der Tageszeitung junge Welt und am 19. August 2011 in der Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek