Auferstandener des Tages: Kim Yong Chol

Es passte wieder so schön zu den Horrorgeschichten aus dem Schurkenstaat: Ein früherer Abgesandter Nordkoreas bei den Gesprächen mit den USA sei in ein Arbeitslager gesteckt worden, offenbar als Strafe für das Scheitern des Treffens zwischen Staatschef Kim Jong Un und US-Machthaber Donald Trump im Februar in Vietnam. Dabei habe Kim Yong Chol noch Glück gehabt, wollte die auflagenstärkste Zeitung Südkoreas, Chosun Ilbo, erfahren haben. Ein weiterer Diplomat, Kim Hyok Chol, der beim Hanoi-Gipfel zugegen war, sowie einige Beamte des Außenministeriums seien sogar hingerichtet worden.

Bei Bild wurde daraus prompt: »Kim lässt seinen Trump-Gesandten erschießen.« Und weiter zitierte man aus der südkoreanischen Quelle: »Auch der hochrangige Vertreter der kommunistischen Partei Nordkoreas, Kim Yong Chol, wurde der Zeitung zufolge in einem Arbeitslager eingesperrt.« Na ja, geschenkt, dass es eine KP Nordkoreas nicht gibt. Aber viel interessanter: Nordkoreanische Medien zeigten am Montag Bilder des angeblichen Straflagerinsassen im Publikum eines Konzerts in Pjöngjang, an dem auch Kim Jong Un teilnahm. Mal sehen, ob nun auch die für tot erklärten Beamten wiederauferstehen.

Es wäre nicht das erste Mal: Am 10. Februar 2016 meldeten unter anderem die Frankfurter Allgemeine und die New York Times, dass Ri Yong Gil hingerichtet worden sei. Drei Monate später dann die Auferstehung: Der General wurde in das Zentralkomitee der Partei der Arbeit Koreas, zum Kandidaten des Politbüros und in die Zentrale Militärkommission gewählt. Schon im August 2013 hatte Kim Jong Un seine Exfreundin umbringen lassen – meldeten zumindest US-Medien. Bis sie im Mai 2014 als Sängerin einer Musikgruppe im Fernsehen zu sehen war. Also, entweder hat die Demokratische Volksrepublik ganz besonders gute Ärzte, oder …

Erschienen am 4. Juni 2019 in der Tageszeitung junge Welt