Auf der Seite der Putschisten

Die Putschisten in Honduras wollen mit aller Gewalt an der Durchführung der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 29. November festhalten.So gedenken sie, ihren Staatsstreich vom 28. Juni, bei dem der rechtmäßige Präsident Manuel Zelaya gestürzt worden war, nachträglich zu legitimieren. Das Regime setzt dabei auf rechte Regierungen wie die Kolumbiens, die bereits eine Anerkennung der Wahlen in Aussicht gestellt haben. Auch in Washington mehren sich die Zeichen dafür, daß die Obama-Administration von ihrer Position der offiziellen Ablehnung des Regimes abrücken könnte. Diesbezüglich erklärte Zeleya am Donnerstag (Ortszeit) dem Radiosender Globo: »Die Vereinigten Staaten werden angesichts des Diktators schwach«. Anstatt weiter für Zeleyas sofortige Wiedereinsetzung einzutreten, wollten die USA jetzt die Präsidentenwahl unter Regimekontrolle abwarten.
Die Putschisten erhöhen derweil den Druck, um der Abstimmung den Schein von Rechtmäßigkeit zu geben. Als besonders wichtig erachtet wird generell die Beteiligung an der Wahl. Während der unabhängige Gewerkschafter Carlos H. Reyes seine Kandidatur bereits zurückgezogen hat, um die Farce der Putschisten nicht zu legitimieren, und die Widerstandsbewegung zu einem Boykott der Abstimmung aufruft, werden die honduranischen Arbeiter zur Teilnahme genötigt. Wie Berta Cáceres von der Indigenen-Vereinigung COPINH der Nachrichtenagentur Prensa Latina sagte, haben zahlreiche Unternehmer von den Beschäftigten verlangt, ihre Beteiligung an der Abstimmung nachzuweisen. Ansonsten würden sie ihren Arbeitsplatz verlieren.

Die Widerstandsbewegung hatte die Wiedereinsetzung Zelayas in das Präsidentenamt zur Bedingung für die Durchführung der Wahl gemacht. Ein entsprechendes Ultimatum war am 5. November abgelaufen. Inzwischen sieht die Nationale Widerstandsfront, in der die wichtigsten Gewerkschaften, linken Parteien und zahlreiche Organisationen vereinigt sind, keine Chance mehr für eine transparente und demokratische Durchführung der Abstimmung, selbst wenn Zelaya jetzt noch in sein Amt eingesetzt werden würde.

Unterdessen spielen die Putschisten weiter auf Zeit. Das Parlamentspräsidium hat bereits angekündigt, erst nach Eingang aller angeforderten Berichte einen Termin für die Diskussion im Kongreß anzusetzen. Als es Ende Juni darum ging, den Sturz von Präsident Zelaya abzusegnen, waren diese Institutionen weniger langsam. Nur einige Stunden, nachdem Zelaya von maskierten Soldaten aus der Präsidentenresidenz verschleppt wurde, war das Parlament zu einer Sondersitzung zusammengekommen, um einen gefälschten Rücktritt Zelayas anzunehmen und Parlamentspräsident Roberto Micheletti zum neuen »Übergangspräsidenten« zu wählen.

Bei einer Sondersitzung der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Mitte der Woche prallten die mittlerweile offen ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten über den Umgang mit dem Putschistenregime in Tegucigalpa aufeinander. OAS-Generalsekretär José Miguel Insulza kündigte an, daß der Staatenbund keine Wahlbeobachter nach Honduras entsenden werde, solange die Krise nicht gelöst sei, und Venezuelas OAS-Botschafter Roy Chaderton sprach davon, daß Micheletti »eine Maus« sei, »die mit der Katze spielt«. Dagegen empörte US-Botschafter Lewis Amselem seine Kollegen aus Lateinamerika mit der Erklärung, das Abkommen zwischen den Putschisten und der rechtmäßigen Regierung sehe »keine sofortige Wiedereinsetzung Zelayas« vor. Die Wahlen seien eine Lösung für die Krise, die »kritischen« Länder hätten dazu keine »demokratische und effiziente Alternative« vorgelegt.

Erschienen am 14. November 2009 in der Tageszeitung junge Welt