Auf beiden Seiten

Im Grenzgebiet zwischen Honduras und Nicaragua hält die unerträgliche Situation für tausende dort festsitzende Menschen an, nachdem das Regime der Putschisten in Tegucigalpa die seit Freitag über das Gebiet verhängte Ausgangssperre erneut bis zum gestrigen Mittwoch verlängert hatte. Nach wie vor halten die Putschisten Straßensperren aufrecht, mit denen sie die Unterstützer des rechtmäßigen honduranischen Präsidenten Manuel Zelaya davon abhalten wollen, zum Grenzort Las Manos vorzudringen, an dem sich Zelaya auf nicaraguanischem Gebiet aufhält.

Am Dienstag hatte ein Gericht in Tegucigalpa der Klage von Zelayas Ehefrau Xiomara Castro stattgegeben, die darauf geklagt hatte, zu ihrem Mann gelangen zu dürfen. Daraufhin konnte der über Tage aufgehaltene Demonstrationszug angeführt von Zelayas Frau, seiner Mutter Hortensia und seiner gleichnamigen Tochter seinen Weg fortsetzen. Einer Meldung von Radio Globo zufolge brach außerdem ein Konvoi von mehr als 400 Fahrzeugen aus Tegucigalpa auf, um Hilfsgüter zu den an der Grenze ausharrenden Menschen zu bringen.

„Das Militär hat nachgegeben, die Bataillone sind in ihre Kasernen zurück gekehrt, denn heute hat ihnen nicht nur das Volk den Prozess gemacht, sondern die ganze Welt“, freute sich Castro in einem Telefongespräch mit TeleSur. Doch wenig später zeigte sich, dass die Freude verfrüht war. 12 Kilometer vor der Grenze wurde die Karawane erneut von Soldaten aufgehalten, die nur die Familienangehörigen des vor einem Monat gestürzten Präsidenten passieren lassen wollten.

„Die Armee will, dass wir alleine die Sperren passieren, aber wir vertrauen weder der Armee noch der Polizei, unsere Garantie ist, gemeinsam mit dem Volk zu gehen“, betonte Xiomara Castro. „Die einzige Möglichkeit ist, dass sie die Straßensperren aufheben und uns durchlassen“, forderte sie. „Wenn sie die Sperren aufheben, können wir an die Grenze gelangen“ um den Präsidenten und Familienvater wiederzusehen, erklärte sie. „Aber wir wollen, dass sie uns die Rückkehr garantieren“, forderte sie und warnte, die Putschisten wollten die Familie des Präsidenten abschieben. „Meinen Töchtern ist sehr bewusst, dass irgendwas hinter all dem steht, aber wir zählen auf die Begleitung durch die Menschen. Wir fordern, dass die Ausgangssperre aufgehoben wird, und wir bleiben standhaft an der Straßensperre von El Paraíso“. Auch Manuel Zelaya kündigte an, die Grenzregion zunächst nicht zu verlassen.

Unterdessen hat das State Department in Washington die Aufhebung der offiziellen Visa für zunächst vier Mitglieder des Putschisten-Regimes in Tegucigalpa angekündigt. Obwohl Regierungssprecher Ian Kelly die Namen der betroffenen Funktionäre nicht nennen wollte, zeigte sich Zelaya gut informiert. Gegenüber dem spanischsprachigen Programm von CNN sagte der honduranische Präsident, bei den betroffenen Putschisten handele es sich um den „Übergangspräsidenten“ Roberto Micheletti, General Humberto Regalado Hernández, den angeblich für Menschenrechte zuständigen Ramón Custodio und den Richter Tomás Arita. Der hatte am Tag des Putsches den Haftbefehl gegen Zelaya ausgestellt.

Der gestürzte Präsident begrüßte den Schritt Washingtons, forderte die US-Administration jedoch auf, weiter Druck auf die Putschisten auszuüben, um eine Rückkehr zur Demokratie zu ermöglichen.

Erschienen am 30. Juli 2009 in der Tageszeitung junge Welt