Absage an Kolonialministerium

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat grünes Licht für einen Austritt des Landes aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gegeben. Hintergrund war eine von OAS-Generalsekretär Luis Almagro für den gestrigen Mittwoch (Ortszeit) in Washington einberufene Sondersitzung des Ständigen Rates des Staatenbundes. Dabei sollte die Durchführung eines Außenministertreffens »über die Lage in Venezuela« beschlossen werden. Wenn es ohne die Zustimmung der Regierung in Caracas zu einer solchen Konferenz komme, werde Venezuela das Verfahren zum Verlassen der Organisation einleiten, kündigte Außenministerin Delcy Rodríguez im staatlichen Fernsehen VTV an.

Der OAS gehören mit Ausnahme des 1962 ausgeschlossenen Kuba alle souveränen Staaten des amerikanischen Kontinents an. Almagro hatte in den vergangenen Monaten wiederholt versucht, Venezuela verurteilen zu lassen, dafür aber keine ausreichenden Mehrheiten gefunden. Trotzdem warf Boliviens Präsident Evo Morales der OAS vor, wie ein Kolonialministerium der USA zu agieren. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass einem Austritt Venezuelas der weiterer links regierter Länder folgen würde.

Eine Alternative gibt es: 2011 wurde in Caracas die Lateinamerikanische und Karibische Staatengemeinschaft (Celac) gegründet. Ihr gehören alle unabhängigen Staaten der Region an, nicht aber die USA und Kanada. Auch sie behandelt die Lage in Venezuela: Auf Antrag der Regierung in Caracas findet am 2. Mai in San Salvador eine Außenministerkonferenz der Celac statt, um über die »Bedrohung der demokratischen Ordnung« in Venezuela und die von der rechten Opposition provozierte Gewalt zu diskutieren.

Nach Angaben von Venezuelas Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz starben seit dem 4. April im Zusammenhang mit den Protesten der Opposition 26 Menschen, 437 wurden verletzt. 1.289 Personen seien festgenommen worden, gegen 65 wurde Haftbefehl erlassen. Zu den Inhaftierten gehören auch mehrere Polizisten, die für den Tod von drei oppositionellen Demonstranten verantwortlich sein sollen.

Erschienen am 27. April 2017 in der Tageszeitung junge Welt